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Ostermarsch 2003 - Rede von Erich Hannak |
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Zusammenschluß umweltbewußter Bürger (Auerbach/Grafenwöhr) am Ostermontag, vor der Lorenzkirche
Nürnberg, 15 Uhr
Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens
Ich komme aus Grafenwöhr. Die Stadt ist bekannt durch den
größten Truppenübungsplatz der US-Armee außerhalb der
Vereinigten Staaten. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem
zweiten Weltkrieg steht dieser Platz immer noch unter US-
amerikanischer Verwaltung.
Warum habe ich gegen den Irak-Krieg gekämpft, warum stehe
ich hier?
- Ich bin 1936 geboren. Die letzten Jahre des 2. Weltkriegs habe
ich im Sudentenland bewusst erlebt. Ich habe die Bomberketten
nach Dresden fliegen und Stunden später die verkohlten
Papierfetzen vom Himmel regnen sehen. Noch immer habe ich
die Flüchtlingstrecks vor Augen, die bei uns vorbeigezogen sind
und ich erinnere mich an unsere eigene Flucht. Meine Familie
hat wie Millionen Heimatvertriebene durch den Krieg alles
verloren und doch waren wir glücklich, dass wir wenigstens
überlebt haben.
- Von daher weiß ich was Krieg bedeutet und deshalb habe ich
demonstriert, als der Angriffskrieg gegen den Irak vorbereitet
wurde. Ich habe mich in Grafenwöhr zu Wort gemeldet, wo
meine Familie seit 1949 lebt; denn auf diesem großen NATO-
Truppenübungsplatz hat die US-Armee diesen Krieg geübt.
"Siegesgerangel" nannten sie das Manöver. Die US-Armee
verlangte und erhielt dafür die Erlaubnis 24 Stunden am Tag zu
schießen. Sie haben wirklich rund um die Uhr aus allen Rohren
geschossen und dann zogen sie in den Irak, um dort den Krieg zu
beginnen.
"Wer wahrt denn die Menschenrechte, wenn nicht die US-
Armee" ?
- Das war die Vorbereitung eines Angriffskrieges und deswegen
wurde wegen der Verletzung des Grundgesetzes Anzeige
erstattet. Der Pressesprecher der US-Armee in Grafenwöhr hat
bei der Auseinandersetzung darum als Begründung für den
drohenden Irakkrieg folgendes ausgeführt: "Es geht auch darum,
dass Menschen im Irak unzen-sierte TV-Sendungen empfangen
können oder dass Kindern der Besuch von Schulen ermöglicht
wird. ... Wer wahrt denn die Menschenrechte - wenn nicht die
Nato oder die US-army?" (Zitat G. Tannhäuser)
- In einem Leserbrief habe ich daraufhin die Frage gestellt: "Ob
die Menschen im Irak für das unzensierte Fernsehen dankbar
sein werden, nachdem die Bomben auf ihre Köpfe gefallen und
ihre Häuser zerstört sind; wenn ihre Väter und Söhne, die als
Sol-daten kämpfen mussten - auch wenn sie Gegner von Saddam
Hussein waren - zu Krüppeln geschossen oder tot sind?"
- "Wenn Demokratie so verteidigt und verbreitet wird - habe ich
weiter geschrieben - welchen Wert hat sie dann? Terrorismus
wird nur ausgetrocknet, wenn man das schreiende Unrecht auf
der Erde bekämpft. Die Milliarden Dollar, für den Krieg be-
reitgestellt, würden mehr für die Demokratie bringen, wenn man
sie ausgibt, um die Menschen in der 3. Welt mit sauberem
Wasser und Medizin zu versorgen und um zu verhindern, dass
Kinder irgendwo auf unserer Erde verhungern müssen".
- Jetzt ist dieser Krieg weitgehend vorbei. Aber der Friede ist
weit weg. Die schlimmen Befürchtungen haben sich
bewahrheitet. Saddam Hussein und seine Führungsriege sind
nicht gefasst. Franz Alt schreibt: (Publik Forum Nr.8) "Der dritte
Golfkrieg hat tausenden Menschen das Leben gekostet,
Zehntausende körperlich verstümmelt und Millionen psychisch
traumatisiert.. Die entscheidende moralische Frage an George
W. Bush heißt: Herr Präsident, wie viele Menschen darf man
töten, um einen Diktator zu beseitigen?" Schon bedrohen die
USA Syrien, das wohl als nächster der sogenannten
"Schurkenstaaten" an der Reihe ist, wenn es sich nicht
unterwirft. Man muss fürchten, dass der nächste Angriffskrieg
auch in Grafenwöhr vorbereitet wird.
Erweiterung des Trübungsplatzes ?
- Grafenwöhr lebt vom Truppenübungsplatz. Es ist der größte
Übungsplatz der US-Armee außerhalb der Vereinigten Staaten.
Wenn die Bundeswehr dort übt, muss sie für die Nutzung zahlen.
Etwa 700 Grafenwöhrer haben da Ihren Arbeitsplatz. Jetzt sollen
zusätzliche Soldaten mit ihren Familienangehörigen kommen.
Das bedeutet: In Grafenwöhr schreitet die Militarisierung weiter
fort. Und der Ort wird noch abhängiger vom
Truppenübungsplatz. Es wird keine zusätzlichen Arbeitsplätze
für Deutsche geben, sondern eher weniger, denn die
Familienangehörige der Soldaten werden auch im Übungsplatz
Arbeit suchen.
- Was besonders empörend ist: Ohne Beachtung des geltenden
deutschen Rechtes d.h. ohne Raumordnungsverfahren und ohne
Umweltverträglichkeitsprüfung soll im Truppenübungsplatz auf
80 ha gebaut und erweitert werden. 55 ha Wald werden gerodet.
Zu den bisherigen 4.800 Soldaten sollen weitere 3.400 und deren
5.000 Familienange-hörige kommen. Eine komplette "Neue
Stadt" soll 3 km von unserer Stadtgrenze entfernt für sie
entstehen, mit kaum zu vertretenden Konsequenzen für die
Infrastruktur z.B. stark steigendes Verkehrsaufkommen. Der
gesundheitsschädliche Schießlärm wird die Bevölkerung
gesteigert terrorisieren.
Was hat sich geändert, seit dem Kalten Krieg?
- Die US-Armee ist seit dem Ende des 2.Weltkrieges in
Grafenwöhr. Dem Truppen-übungsplatz, mit all seinen
Belastungen konnte man zur Zeit des Kalten Krieges zu-
stimmen, obwohl auch da schon die Belastungen durch
Schießlärm und Verkehr kaum erträglich waren.
- Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde bei uns die
Chance versäumt, aus dem Übungsplatz etwas anderes zu
machen. Eine Konversion wollte fast niemand, in der
Überzeugung, dass die Zahl der Arbeitsplätze auf dem
Übungsplatz für Deutsche allenfalls höher, aber nie geringer
werden könnte. Es ist anders gekommen: Heute gibt es nur mehr
halb so viele deutsche Arbeitnehmer wie 1990.
Vorbereitung für Angriffskriege?
- Es waren die entsetzlichen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen,
die dazu geführt haben, dass im deutschen Grundgesetz Artikel
26 verankert wurde: "Handlungen, die geeig-net sind ...
insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten,
sind verfas-sungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen".
- Nun nach dem Irak-Krieg stehen wir vor der Frage, wie ernst
unsere Politiker das Grundgesetz nehmen. Es ging bei diesem
Krieg ja nicht um Verteidigung unseres Landes wie zur Zeit des
"Kalten Krieges". Die US Administration unter W. Bush hält
Präventivkriege für gerechtfertigt, Der Angriffskrieg gegen den
Irak ist in Grafenwöhr vorbereitet und geübt worden. Das war
ein eindeutiger Verstoß gegen unser Grundgesetz.
- Weitere Kriege werden folgen. Die Zahl der sog.
"Schurkenstaaten" ist groß und schon gibt es massive Drohungen
gegen Syrien.
Deshalb unsere Forderungen:
- Pfarrer Bayer hat in einer Predigt gesagt: "Wir brauchen keine
Präventivkriege sondern Kriegsprävention. Nur so werden die
uralten Teufelskreise von Gewalt und Gegengewalt, von
Demütigung und Rache durchbrochen". Entsprechend der
Bergpredigt gilt: "Die Zukunft gehört den Friedfertigen" Das ist
vor langer Zeit gesprochen. Doch es klingt als wäre es gerade
uns gesagt.
- Für mich bedeutet das: Für Präventivkriege darf die US-Armee
nicht auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr üben. Um das
sicher zu stellen, gehört die Verwaltung des Platzes in deutsche
Hand. Damit keine Missverständnisse aufkommen: auch unter deutscher Hand darf nicht für Präventivkriege geübt werden.
- Keine weitere Militarisierung unseres Raumes! Deshalb muss
eine Erweiterung und Perfektionierung des
Truppenübungsplatzes und eine Verstärkung der US-Präsenz bei
uns verhindert werden. Das Geld ist für zivile
Infrastrukturmaßnahmen besser angelegt.
- In Grafenwöhr Angriffskriege zu üben und vom Nürnberger
Flughafen aus in das Kriegsziel zu fliegen, das darf nicht sein.
Mit Euch und vielen anderen will ich dagegen kämpfen. Wer
jetzt zur Tagesordnung übergeht, kapituliert vor dem nächsten
Krieg!
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